In 15 Jahren Genealogie habe ich viel erlebt und wenn jedes gelöste Rätsel neue Fragen generiert und ich immens viel erreicht habe, wird es nimmermehr enden. Doch heute soll mitnichten eine Auflistung meiner Erfolge das Thema sein, sondern eine kleine Bilanz der kuriosen Absonderlichkeiten. Vorweg sei erwähnt, daß ich mittlerweile ein Archiv im sechsstelligen Personenbereich führe, gedeckt von Kirchenbüchern und Standesamtsunterlagen, die partiell nicht online zu finden sind und zahlreiche Daten sind nicht reproduzierbar. So entwickelt sich das folgende Problem – denn Zugriff auf dieses Archiv besitze nur ich.
Wenn mich beim Laufen ein Ast erschlägt oder mich das Leben in sonst einer Form aus dem Spiel nimmt, wäre dieser kostbare Datenschatz verloren, was die Idee in mir keimen ließ – es in Kopie – einem Verein, dem entsprechenden Hauptfachgebiet meiner Forschung zukommen zu lassen. So schrieb ich also den Vorstand an. Reaktion? Keine. Ich wiederholte mein Anliegen. Reaktion? Keine. Nun gut.
Vor Jahren entdeckte ich eine Postkarte auf einer privaten Forscherseite – abgebildet war ein Gasthof und ich vermutete, daß es sich um einen Gasthof meiner Familie (in einem Seitenzweig) handeln könnte. Um Gewißheit zu haben, schrieb ich den Seitenbetreiber höflich an. Reaktion? Wie lautet ihr voller Name? Wo wohnen sie? Wie alt sind sie? Was ist ihr Beruf? Wie ist ihr Familienstand? – Ich dachte an einen kleinen genealogischen Austausch und wollte den Herrn nicht adoptieren und empfand das Verhalten als sehr absonderlich. Später eruierte ich, daß der Gasthof meiner Familie gehörte; ebenso der seltsame Forscher – wenn auch (glücklicherweise) weit entfernt. Doch das sollte er dank seines Verhaltens nie erfahren.
In Foren helfe ich gerne mal und ich bin es mittlerweile gewohnt, daß ein banales Danke schon Seltenheitswert hat. Dies ist wohl ein Tribut dieser Zeit. Ebenso in diversen Mailinglisten – ein Forscher aus Schweden suchte nach seinen Vorfahren und ich übersandte ihm gleich die Geburtseinträge – die so nicht im Netz zu finden sind – und ja, wie mag die Reaktion ausgefallen sein? Korrekt, es gab keine. Apropos Mailinglisten! Ich war 14 Jahre in einer Liste eingeschrieben – Thema Ost- und Westpreußen – und half über viele Jahre immer wieder mal. Nun hatte ich vor kurzem selbst ein Anliegen, welches keine fünf Minuten später positiv beantwortet wurde und um das Thema zu einem Abschluß zu bringen und außerdem nicht unnötigen Mailverkehr zu forcieren, bedankte ich mich einmal öffentlich. Wie konnte ich nur!
Hierauf bekam ich eine unschöne Mail von einem Administrator; ich möge mein Dank unterlassen, der Inhalt wäre nicht genealogischer Natur und auch der Betreff paßte nicht. Ich war entsetzt. Höflichkeit, Kompetenz, Wissen und Hilfsbereitschaft sind komplett irrelevant – nichts geht über den Betreff! Oh sancta simplicitas. Ist diese Kurzsichtigkeit nicht erschreckend? In so einem Kreise möchte ich wirklich nicht weiter wirken.
Ein anderer rühriger Forscher machte einst einen Aufruf zur Beteiligung und da ich diverse Daten besitze – genau seinem Fachgebiet entsprechend – gedachte ich an einen Austausch und schrieb ihn an. Mein Fehler war es, in der Anrede das „Du“ präferieren – ich tat dies mehr aus Gewohnheit und nicht etwa aus Unhöflichkeit – gestehe dies aber gerne als Fauxpas meinerseits ein. Die Reaktion war gewaltig! Wie ich es wagen kann, ihn zu Duzen und überhaupt, was ich von ihm will. Mein Erstaunen war freilich doppelter Natur, explizit auch in dem Kontext, daß hier kein Interesse an neuen Erkenntnissen vorhanden war. Stattdessen eine manische Fokussierung auf unbedeutende Nebensächlichkeiten. Inhalte sind egal, Konzentration auf Kleinklein. Bemerkenswert.
Und abschließend kenne ich diverse Ahnenportale mit zahlreichen Fehlern, wo man jedoch Kommentare absetzen kann, welches ich wiederholt praktizierte und einige Korrekturen angab. Und ja, wie mag das Interesse an richtigen Daten aussehen? Natürlich, es liegt bei null. So bleibt mir nur das Fazit, Ahnenforscher sind schräg. Selbstverständlich nicht alle, aber doch viele. Doch jeder, wie er mag. Ich habe meine Konsequenzen daraus gezogen.