Der Aufmarsch zum Weihnachtsfeste bat bereits begonnen. Fürsorgliche Eltern machen schon jetzt ihre Einkäufe oder fangen wenigstens damit an. Andere, die auch fürsorglich sind, aber aus naheliegenden Gründen noch nicht anfangen können, besichtigen jedenfalls schon die angefahrenen Vorräte, und die lieben Sprößlinge gehen mit und üben Kritik.
Das ist die moderne Zeit. Unsere Jugend ist nicht mehr die Jugend, die wir selbst waren, als wir noch jung waren. Unsere Zeit, d.h. die Zeit unserer Kinder ist nicht mehr die Zeit unserer Kindheit. Wir gingen auf den Weihnachtsmarkt – wo ist jetzt ein Weihnachtsmarkt? Die paar Buden auf abgelegenen Plätzen, die paar Straßenhändler, denen wir aus Gutmütigkeit, aus Mitleid, aus poetischer Schwärmerei etwas abkaufen, sind es schon lange nicht mehr, die den Weihnachtsmarkt ausmachen.
Jetzt sind es unsere großen Warenhäuser, die den Ton angeben und die das Geschäft machen und damit ist alles moderner, großartiger und industrieller geworden. Die Freude unserer Mädchen war früher die Puppe; das war, mit wenigen Ausnahmen, ein einfacher „Balg“, mit dem man sich nach Belieben amüsierte und wenn das Ding die Augen schließen und bei einem Druck auf den Leib ein wenig quäken konnte, so erweckte es das höchste der Gefühle. Jetzt bekommen unsere Töchter die wunderbarsten „Charaktere in Babys“ mit drolligen und idiotenhaften Fratzen und in den echtesten Kostümen.
Des Knaben ganze Freude war vor zwanzig, dreißig Jahren ein Baukasten und ein Handwerkskasten. Mit dem ließ sich spielen, bauen, schaffen. Es gab auch schon Eisenbahnen, aber sie waren danach: angemalte Holzklötze! Jetzt werden unseren Jungen ganze Experimentierkästen geboten, mit Apparaten, an denen er die Mechanik, die Optik, die Wärmelehre, die Reibungselektrizität, den Elektromagnetismus und was sonst noch alles vorführen kann.
So ändert sich die Zeit. Wir als Jungens träumten davon, wie Robinson sich selber Schuhe stickte und Töpfe brannte, wie er Getreide baute und Ziegen zog, wie er das Korn mahlte und Brot und Käse bereitete, wie er ein Boot baute und eine Hütte zimmerte; wir waren Töpfer, Bäcker, Zimmerleute, Schuster, Schneider, Haarschneider. Unsere Kinder sind Ingenieure und Verwaltungsbeamte, sie kennen den ganzen inneren und äußeren Dienst der Eisenbahn, der Post, der Nautik, der Kolonialpolitik, der Photographie und des Finanzwesens.
Es kostet freilich unser Geld und ich glaube, wir sind unseren Eltern nicht so kostspielig geworden, wenn wir ihnen vielleicht auch ebenso „teuer“ waren.
Aus dem Jahr 1911. (Schreibweise original)