Der aufmerksame Betrachter wird immer wieder auf Dinge stoßen, die von der Arbeit und dem Leben unserer Vorfahren im Ostraum zeugen. In den verschiedensten Gebieten kann die Beweisführung der vorstehenden These in denkbar eindeutiger Weise erbracht werden. In entlegenen Gemeinden oder Dörfern empfangen wir oft unvermutet ein Stück deutscher Geschichte, hören und lesen wir von harten, schicksalvollen Kämpfen, die unsere Vorfahren zu bestehen hatten.
Wenn man die Kreisstadt Konin an der Warthe entlang in südwestlicher Richtung verläßt, so wird bald der Amtsbezirk Drommin erreicht, zu dem neben Michalinow, die rein deutsche Siedlung Lazinsk gehört. Wir hatten Glück und trafen gerade den Lehrer und Bauer Mielke an, mit dem wir uns lange unterhielten und der uns so viel Interessantes zu erzählen wußte, das wirklich festgehalten zu werden verdient.
Man schrieb das Jahr 1718, als aus dem Schlesierlande 14 deutsche Familien mit dem Dorfschulzen an der Spitze aufbrachen und als Pioniere deutschen Kulturwillens gen Osten zogen, um hier eine neue Heimat zu suchen, die sie dann auch in der heutigen Gemeinde Lazinsk fanden. Nachweisbar führten einige Familien die Namen Kuhn, Merk, Schönfisch und Haupt. Das sind Namen, auf die wir auch heute noch in dem jetzt etwa 170 Familien umfassenden Lazinsk antreffen.
Links neben der alten Kantoratsschule, auf die wir später noch zu sprechen kommen, liegt auf einem sanft ansteigenden Hügel ein kleiner, für uns heute ganz ungewohnt baumreicher Friedhof, der mit dem ersten Grab im Jahre 1727 von unseren Vorfahren angelegt wurde. An dieser uralten Ruhestätte der Toten, die uns mit ihren verwitterten und morschen Grabzeichen und mit den Malen des Verfalls gezeichnet, an eine weit zurückliegende Zeit erinnert, finden wir noch die heute im großen Deutschen Reich längst vergessene Sitte der Grabtafeln aus Holz oder Eisen. Während man im alten Reichsgebiet mit der Entwicklung der modernen Technik Schritt hielt, die u.a. auch in der Friedhofspflege neue Wege gehen ließ, so hielten die Deutschen, von fremdem Volkstum eingeschlossen, an diesem alten Brauchtum fest.
Auch die Kantoratsschule, in der gleichzeitig der Gottesdienst abgehalten wurde, sieht auf ein stattliches Alter zurück. Sie steht in ihrer anspruchslosen und schlichten Bauweise da, als ein grauer Zeuge aus einer längst vergangenen Zeit. Bis zum Jahre 1933 sind in der alten Schule deutsche Kinder unterrichtet worden. In diesem Jahre nämlich faßte Lehrer Mielke den hochherzigen und bedeutungsvollen Entschluß, aus eigenen Mitteln eine neue deutsche Schule, unweit der alten Kantoratsschule bauen zu lassen. Nach vier Jahren der Gewährung wurde Lehrer Mielke von den Polen nach Galizien versetzt und die Schule zu einer polnischen erklärt; im Jahr 1939 wurde er schließlich ganz entlassen, weil er in der galizischen Verbannung als zu gefährlich erschien.

Noch im Jahre 1939 kehrte Lehrer Mielke nach Lazinsk zurück und begann ohne Zögern mit dem Unterricht. Vier Lehrpersonen betreuen gegenwärtig die 153 Kinder. Neben dem Lehrer sind noch seine Schwester und zwei junge Lehrkräfte aus dem Thüringerland in der Schule tätig. Sie alle erklärten übereinstimmend, wie sehr ihnen die Schularbeit in der Gemeinde Lazinsk, die uns so vieles aus ihrer Geschichte zu erzählen wußte, zur Freude gereicht. So schieden wir denn von dieser Siedlung, die einst 14 deutsche Familien aus Schlesien im Jahre 1718 begründeten, die sich bis auf den heutigen Tag erhalten hat.
Aus dem Jahr 1942. (Schreibweise größtenteils original; manche Sätze im NS-Stil der damaligen Zeit partiell weichgezeichnet)