Das Alles überschattende Ereigniß der letzten Tage bildet der Untergang des deutschen Dampfers „Schiller“, welcher in der Nacht des letzten Freitag auf der Reise von New York nach Hamburg an einem Felsenriff bei den Scilly Inseln scheiterte (am 07.05.1875).
Ein Boot mit wenigen Matrosen an Bord verließ das Schiff, indem diese in feiger Weise sich weigerten, Beistand zu leisten. Zwei weitere Boote füllten sich mit Männern, welche sich weigerten, aus denselben heraus zu kommen. Der Capitän wollte, daß zuerst die Frauen und Kinder in die Boote sollten; er versuchte es, sich Gehorsam zu erzwingen, und feuerte einmal einen Revolver über die Köpfe der Männer ab, um sie aus den Booten hinaus zutreiben, und dann auf sie selbst, jedoch ohne Erfolg. Später drehte sich das Schiff mit der Breitseite nach der See und alle an Bord dieser Boote Befindlichen kamen um.
Die Takel am Stern waren zu früh gelöst worden, so daß die Boote am Bug aufgehängt blieben, diese Boote wurden endlich flott, doch war ein Rettungsboot so stark beschädigt, daß es sofort versank und elf von den an Bord befindlichen wurden durch die anderen Boote gerettet. Während zweier Stunden wurden sechs Nothschüsse abgefeuert, bis das Pulver naß wurde. Nothsignale, Raketen und blaue Lichter blieben ohne jede Antwort. Um Mitternacht zertheilte sich der Nebel für einen Augenblick und konnten die Lichter der Leuchtthürme ganz gut gesehen werden; die See ging hoch, die Wellen überschwemmten das Deck und rissen jedesmal Opfer mit sich in die Tiefe. Um zwei Uhr wurde das Deckhaus, in welches die Frauen und Kinder sich geflüchtet hatten, weggerissen; die Schreie und Hülferufe der Opfer waren herzzerreißend. Der Rauchfang fiel und zerschlug zwei Boote und zwei andere wurden weggerissen. Die Übriggebliebenen folgten dem Capitän nach der Brücke am Vorderdeck, von wo jede der auf einander folgenden Wogen neue Opfer wegriß. Einige Personen suchten Schutz auf dem Hauptmaste. Um drei Uhr stand der Capitän nebst zwei anderen Offizieren auf der Brücke.
Der Capitän stieg auf einen Augenblick herab, um Beistand zu leisten und wurde von einer Woge weggewaschen. Zu dieser Zeit hatten sich ungefähr zehn Personen an das Takelwerk des Hauptmastes und dreißig an jenes des Vordermastes angeklammert. Das Schiff hatte sich auf die Seite gelegt, die Raaen berührten das Wasser und die Fluth war noch immer im Steigen. Um fünf Uhr hatte sich der Nebel zerstreut, und riefen die Ueberlebenden um Hilfe, aber ohne Erfolg. Um 7 Uhr stürzte der eiserne Hauptmast und versank mit Allen, die auf ihm Zuflucht gesucht hatten. Eine Viertelstunde später fiel auch der Vordermast. Zwei Boote von St. Agnes kamen herbei, kurz bevor die Masten fielen, konnten sich jedoch wegen der Sandbänke dem Dampfer nicht nähern, sondern mußten sich darauf beschränken, die mit den Wogen Kämpfenden aufzunehmen. Ein Mann wurde gerettet, nachdem er zehn Stunden im Wasser gewesen. Es wurde erzählt, daß sich 103 Frauen an Bord befanden, und das Lebensrettungsgürtel an dieselben verabfolgt worden waren; sicher ist, daß viele der Passagiere keine fanden.
Eine Ordre war ertheilt worden, daß das erste Boot die Frauen und Kinder aufnehmen solle. Dieses Boot schlug um. Poleman sagt, daß 7 Boote in See gelassen wurden, und nur zwei erhalten blieben. Die Hülferufe dauerten bis 3 Uhr. Die letzte Stimme, die gehört wurde, war die eines kleinen Kindes in der Cabine. Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Boote hätten sich retten können, selbst wenn sie in entsprechender Weise gefüllt worden wären.
(Schreibweise original)
Fortsetzung folgt.
Das Drama der Schiller
Teil I. Der Untergang.
Teil II. Weitere Details.
Teil III. Rettungsversuche.
Teil IV. Die Geretteten.
Teil V. Inquest über die Opfer.
Teil VI. Verschiedenes.
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