Das Alles überschattende Ereigniß der letzten Tage bildet der Untergang des deutschen Dampfers „Schiller“, welcher in der Nacht des letzten Freitag auf der Reise von New York nach Hamburg an einem Felsenriff bei den Scilly Inseln scheiterte (am 07.05.1875) und mit über 300 Personen, die sich als Passagiere und Bemannung auf demselben befanden, von den Wogen verschlungen wurde.
Das stolze Schiff hatte also, nach verhältnismäßig günstiger Fahrt, seinen ersten Bestimmungsort, Plymouth, wo Passagiere, Post und Fracht abgeladen, und im Nothfall Vorräthe ergänzt werden, beinahe erreicht, als es von einer der schrecklichsten Katastrophen ereilt wurde, von denen die Annalen der Schiffahrt auf dem atlantischen Ocean erzählen.
Am Donnerstag, den 29. April, fuhr der „Schiller“ von New York ab, um über Plymouth und Cherbourg nach Hamburg zu fahren. Er nahm 254 Passagiere mit, darunter 120 im Zwischendeck, nämlich 100 Erwachsene, 16 Kinder und 4 Säuglinge. Der „Schiller“ gehörte zu der Flottille der jetzt mit der Hamburger Postschiffahrtsgesellschaft consolidirten Adlerlinie, und war eines der besten und neuesten Dampfboote, welche zwischen Europa und Amerika hin- und herfuhren. Er war groß, stark und nach dem neuesten Muster auf dem Clyde von Robert Napier & Söhne gebaut, ebenso auch der „Lessing“. Beide Schiffe verließen New York, dicht mit Passagieren besetzt, und waren diejenigen Schiffe, welche die Frühjahrs-Saison eröffneten. Sie waren die zwei letzten Dampfer, welche unter der Flagge der Adlerlinie segelten, welche sich nun mit der Hamburg-Amerikanischen Linie verschmolzen hat. Der „Schiller“ hatte eine Länge von 375 Fuß, Breite 40 Fuß, Tiefe 32 Fuß, und einen Gehalt von 3600 Tonnen, war mit zwei Masten versehen und seine Maschinen hatten 3000 Pferdekraft. Er hatte ferner vollständiges Takelwerk, acht große Rettungsboote und drei eiserne Verdecke. Er war in Folge seiner vorzüglichen Dampfmaschinen im Stande, vierzehn bis fünfzehn Meilen per Stunde zurückzulegen.
Die Mannschaft bestand inclusive der Offiziere aus circa 120 Mann. Das Commando führte Capitän Thomas, ein geborener Deutscher, der früher Jahre lang in dem Dienst der Peninsular- und Oriental-Compagnie gestanden hatte und sich in der britischen Handelsmarine eines ausgezeichneten Rufes als Seemann erfreute. Die Adlerlinie hatte ihn nur nach großen Schwierigkeiten für den „Schiller“ zu engagiren vermocht. Capitän Thomas war ein Mann von mittlerem Alter und unverheirathet. Er wohnte in Hamburg, obwohl er die meiste Zeit seines Lebens in britischen Seedienste zugebracht hatte.
(Schreibweise original)
Fortsetzung folgt.
Die „komplette“ Namensliste mit den Offizieren und Passagieren kann in der Wollstein-Mailingliste erfragt werden.
Das Drama der Schiller
Teil I. Der Untergang.
Teil II. Weitere Details.
Teil III. Rettungsversuche.
Teil IV. Die Geretteten.
Teil V. Inquest über die Opfer.
Teil VI. Verschiedenes.
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