Zum 200. Geburtstag von Guminitz im Kreis Krotoschin

„Kund und zu wissen allen, insbesondere vorzüglich aber den Leuten deutscher Herkunft, daß ich als erblicher Besitzer des eine halbe Meile von Kobylin gelegenen Dorfes Gumienice nebst Gebäuden, in denen jetzt die Menschen ausgestorben sind, nebst Aeckern, Wiesen, Hutungen, Nadel- und Laubholzwäldern, Gemüse- und Obstgärten, Teichen und überhaupt allem Zubehör mir vorgenommen und unabänderlich beschlossen habe, dasselbe mit lauter deutschen und ehrbaren Hauländern zu besetzen und emporzurichten“. Mit diesem Ausschreiben, das vom 26. Oktober 1737 datiert, lädt der Grundherr der Herrschaft Pogorzela, Thomas Olessin Olewinski zur Besiedlung des in den Pestjahren 1708/11 völlig entvölkerten Dorfes Gumienice ein und gibt „allen denen, die das genannte Dorf beziehen wollen, die schriftliche Versicherung, daß er sie mit denjenigen Freiheiten und unantastbaren Rechten und Privilegien, Zinsen und Abgaben niederzusetzen sich verpflichtet, mit denen sie anderwärts, an den Grenzen von Brandenburg oder bei anderen Herren, fundiert sind“.

Der Zustrom ist nicht groß. Als Sprecher der Deutschen erscheint Andreas Fiedler, in dessen Gefolge sich etwa fünf deutsche Familien befinden: der Händler Valentin Kodler, die Wirte Johann Kuta, Adelbert Jakulka, Martin Sobek und Andreas Kwidok. Die Herkunft dieser Siedler und auch ihr späterer Verbleib ist nicht bekannt. Nach einem Jahrzehnt schon verschwinden ihre Namen wieder. Das Kolonisationswerk kommt auch nicht recht voran, und darüber stirbt Olewinski 1739. Seine kinderlose Witwe und Erbin der Pogorzeler Güter findet in Roch Rola Zbijewski einen unternehmungsfreudigen Partner. Der Kolonisationsgedanke wird wieder aufgenommen. Gegen 40 deutsche Familien finden sich nun unter drei Führern, Michael Kirsch, Johann Kambel und Johann Georg Fiedler, ein „Nach reiflicher Ueberlegung und Beratung in Gemäßheit des früheren Kontraktes“ verkauft er diesen „zur Vermehrung dieser Güter das Dorf Gumienice nebst allem Zubehör, ohne alle Herren- und Frondienste gegen einen Grundzins von 50 Tümpfen für jede Hufe“.

Der Brief datiert aus dem Herrensitz Gluchowo vom 25. September 1743 und ist zur Geburtsurkunde des Dorfes geworden. Das Angebot ist günstig: freies Eigentum gegen einen herrschaftlichen Zins von 50 Tümpfen jährlich pro Hufe und gegen einen mäßigen Zins in bar und an Meßgetreide für die Kirche Pogorzela, freie Religionsübung, Errichtung eines Gasthauses und einer Windmühle, Anstellung eines Lehrers und Unterhalt einer Schule, freie Lieferung von Bauholz, Lieferung von Brennholz und die Gewähr der Hutung in den herrschaftlichen Wäldern gegen einen mäßigen Zins, vor allem aber Gewährung einer bäuerlichen Selbstverwaltung. An der Spitze der Verwaltung soll ein Schulze stehen, der jährlich gewählt und von der Grundherrschaft bestätigt wird.

Die Schulzenlade von Guminitz

Ihm zur Seite stehen die Gerichtsmänner. Sie handhaben gleichzeitig die niedere Gerichtsbarkeit. Michael Kirsch wird der erste Schulze. Die Herrschaft fertigt auf Pergament die noch vorhandene Gründungsurkunde aus. Das Dorf führt sein eigenes Siegel und von nun an den deutschen Namen „Guminitz“ Fast die Hälfte der Neusiedler von 1743 hat sich im Mannesstamm bis zum heutigen Tage auf der gleichen Scholle erhalten. Die Familie des ersten Schulzen Kirsch ist im Mannessstamme in Guminitz erloschen. Sein Blut fließt aber noch heute in den Adern vieler anderer Namensträger.

Der zweite Sprecher, Johann Georg Fiedler, kam bereits mit Weib und Kind nach Guminitz, das seiner heute noch dort blühenden Familie zur Heimat werden sollte. Seine einzige Tochter wird durch ihre Ehe mit dem aus Freyhan in Schlesien stammenden Matheus Eckner die Stammutter des heute noch in Guminitz blühenden Geschlechtes. Die Daunke, Gohl und Hoffmann, die Lämmchen, Mühlnickel und Krug, die Reich, Reimann und Zapke haben neben den bereits erwähnten Fiedler und Eckner vor nunmehr 200 Jahren Guminitz als erste besiedelt und ihren Namen seitdem im Dorfe erhalten. Durch 200 Jahre haben sie den von ihren Vätern erworbenen Boden die Treue bewahrt und diesen gegen alle Stürme einer bewegten Zeit verteidigt und behauptet.

Obgleich man den Siedlern schon nach sieben Jahren den weiteren Besuch der deutschen Kirche in Kobylin verbot und sie in die polnische Kirche zu Pogorzela zwang, hat während dieses ein Vierteljahrhundert anhaltenden Druckes doch kein einziger sein Deutschtum aufgegeben.

Aus dem Jahr 1943. (Schreibweise original)

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