Von der Nachlässigkeit, die Hoftür nicht zu schließen und den daraus resultierenden Konsequenzen

Wegen Meineides stand am Sonnabend der Arbeiter Otto Woydt aus Jablone vor dem Gericht (Schwurgericht Meseritz). Der Anklage, einen Meineid geleistet zu haben, lag ein Wortwechsel zugrunde, der sich am 9. Februar 1908 in dem Hause abspielte, wo seine Schwiegermutter wohnte. Als er damals Haus verließ, kam es mit zwei Bewohnern desselben zu einem kleinen Zusammenstoß, in dessen Verlauf ihm einer der beiden mit dem Messer in der Hand gedroht haben soll. Er brachte beide zur Anzeige, und sie erhielten eine niedrige Geldstrafe, nachdem Woydt u.a. beschworen hatte, er hätte gesehen, daß sein Gegner das Messer aus der Tasche gezogen, es aufgeklappt und ihm dann damit gedroht hätte; die Drohung sei auch von entsprechenden Worten begleitet gewesen.

Diese eidliche Aussage sollte nach der Anklage von Woydt wider besseres Wissen gemacht worden sein. Eine ganze Reihe Zeugen bekundeten, die Drohung sei viel harmloser gewesen und in der Weise erfolgt, daß der Gegner Woydts kein Messer in der Hand gehalten und ihm nur nachgerufen habe, er bekäme, wenn er das nächste Mal wieder die Hoftür nicht schließe, Prügel mit einem Knüttel. Aus den Aussagen anderer Zeugen, die unmittelbar nach dem Vorfalle Woydts Darstellung zu hören bekommen hatten, wo doch noch niemand an einen Prozeß dachte, und vor allem aus der Tatsache, daß des Angeklagten Schwiegermutter infolge des Vorfalles aus Furcht aus ihrer Ausgedingerstube ausgezogen ist, läßt sich hingegen erkennen, daß immerhin die Möglichkeit eines Irrtums der Belastungszeugen nicht auszuschließen ist.

Diesen Standpunkt vertrat der Verteidiger Justizrat Urbach mit allem Nachdruck, jedenfalls sei die Sache trotz der eidlichen Zeugenaussagen nicht genügend geklärt, als daß daraufhin ein unbescholtener Mann, wie sein Klient, verurteilt werden könnte. Die Mehrheit der Geschworenen ließ sich offenbar von den gleichen Erwägungen leiten, denn sie verneinten alle Schuldfragen, auch die nach fahrlässigem Meineid, sodaß der Angeklagte sofort auf freien Fuß gesetzt wurde.

Im Januar 1909. (Schreibweise original)

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